Dies wird jetzt keine österliche Geschichte und es ist auch kein vorgezogener Aprilscherz 2012!
Vor zwei Wochen musste meine Frau ein Erlebnis verkraften, was gar nicht so leicht gewesen ist. Morgens ihr Institut aufgeschlossen, Kundentermine durchgeführt und irgendwann gegen mittag gedacht, wo ist meine Handtasche. Ich möchte mich nun nicht über den Sammelbegriff Handtasche äußern und auch nicht darüber, ob großer Beutel oder Ledersack mit Schulterriemen besser zutreffen würde. Schon gar nicht stelle ich den Versuch an, über den Inhalt von Frauenhandtaschen zu sinnieren, nein das mache ich nicht. Dieses größere Etwas ist, war und bleibt verschwunden. Niemand stiehlt eine Tasche und schüttet vor Ort den Inhalt aus. Also ist auch der gesamte Inhalt verschwunden. Brieftasche, Ausweise, Führerschein, EC-Karte, Versichertenkarte der Krankenkasse, Bargeld und was erst Tage später auffiel, auch ihre neue NIKON Kamera ist weg. Nach dem sofortigen Termin bei der Bank führte uns der nächste Weg zur Dresdner Polizei. Was wir da hinsichtlich des Datenschutzes erlebten, ließ mir die kurzen Haare zu Berge stehen.
Man gelangt nicht sofort in den "inneren" Bereich der lokalen Exekutive. An der Hauseingangstür ist über Wechselsprechanlage zu erklären, weshalb man um Einlaß bittet. Unser Grund schien ausreichend zu sein. Eine mürrische, männliche Stimme knurrt: "Kommen sie rauf." Was passiert, wenn eine Verfolgter bei den Herren in grün (oder blau) Schutz suchen möchte? Noch bevor er sich erklären könnte, wäre alles passiert. Egal, uns wurde aufgetan und wir erhielten zu einem späteren Zeitpunkt Audienz. Der Wartebereich ist gut gefüllt gewesen. Hinter der großen Glasscheibe mit Sprechloch und Spalt zum Durchschieben von was weiß ich was saß niemand. Dieser Schalter wird nicht mehr bedient. Die Ähnlichkeit zur Deutschen Bahn drängt sich zwangsläufig auf. Hinter der früheren Schalterscheibe sah man kein technisches Gerät mehr, auch keine Büroausstattung. Auf einer ausliegenden Liste trugen sich die Polizisten ein, wenn sie zum Dienst kamen oder heim gingen. Sonst ein leerer, ungenutzter Raum, der mit einer Tür versehen als Datenschutz"schleuße" genutzt werden könnte. Doch zunächst geht die Geschichte hier weiter. Nach einer ganzen Weile öffnet sich die massive, blechbeschlagene Tür und ein nicht gerade Freude verbreitender Polizist in blauer Uniform lehnt sich lässig an den Türrahmen. Ebenso lässig deutete er mit seinem Finger auf die einzelnen Personen im Raum und fragt abermals den Grund des Erscheinens ab:
* Person 1: Ich darf mir meinen Führerschein wieder abholen.
* Person 2: Ich soll meinen Führerschein abgeben, weiß nicht ob hier oder wo.
* Person 3: P3 - Ich möchte Anzeige erstatten.
-------------- Poli - Warum?
-------------- P3 - Mich schickt meine Bank hierher.
-------------- Poli - Was wollen sie hier?
-------------- P3 - Gegen meinen Reiseveranstalter Anzeige erstatten.......
-------------- ..... das ging noch eine ganze Weile so hin und her.
* Person 4: Ich wurde angeschrieben, ich soll meinen Autoschlüssel hier abholen.
* Person 5: Ich möchte zu Hauptwachtmeister Schließmichweg, ich habe einen Termin!
* Person 6: Meiner Frau wurde die Handtasche gestohlen.
Kopfschüttelnd sitze ich dabei, höre die einzelnen Geschichten und sinniere über den Datenschutz nach. Wie muss sich eine Frau in solch einer Runde fühlen, wenn sie unter solchen Umständen sagen muss, ich werde belästigt, ich erlebe häusliche Gewalt oder ich wurde vergewaltigt. Wie würden sich die Menschen im Warteraum verhalten, wenn sie hören würden: Ich soll mich wegen eines Sexualdeliktes hier melden. Wie Menschen auf extreme Situationen reagieren, zeigt folgende Meldung vom 31. März 2012:
http://www.tagesschau.de/inland/mordinemden100.html
Nach der Verhaftung eines Verdächtigen im Mordfall Lena begann im Internet eine Hetzkampagne gegen ihn. Ein Facebook-Nutzer rief gar zur Lynchjustiz auf. Nun wurde der 17-Jährige entlastet - und damit stellt sich die Frage: Hätte die Polizei die Identität des Verdächtigen besser schützen müssen?
Schutz der Identität, da fällt mir noch eine Situation im Wartebereich der Polizei ein. Die Person 5 mit dem Termin brauchte sich ja nicht zu erklären. Als sich die Tür erneut öffnete, bat ein Polizist in Zivil besagte Person 5 freundlich herein. Man kannte sich, scheinbar kannte man sich gut. Gedanken spielen einem Streiche und der Schalk sitzt nicht nur im Nacken, manchmal auch auf der Zunge. Nach dieser Beobachtung entstand ein reger Austausch im Raum über V-Leute, Spitzel, alte Zeiten. Wenn er ein solcher gewesen wäre, dann hätte man ihm keinen guten Dienst erwiesen.
Zum Abschluß kann ich nur sagen, die Tasche nebst Inhalt ist noch immer weg!
Zum Abschluß kann ich nur feststellen und fragen, in jeder Bank, in jeder Postfiliale, bei jedem Arzt stehen Schilder oder ist der Fußboden beschriftet mit: Bitte halten sie Abstand! , warum gilt diese Regel in einem solchen sensiblen Bereich wie bei der Polizei nicht?
Das wird wohl für immer eine rhetorische Frage bleiben......
PS 1: Ein paar Wort zur Ehrenrettung, die meine Frau später befragende Polizistin machte einen sehr guten Job und dafür muss man ehrlicherweise auch einmal Danke sagen. Danke.
PS 2: Für den Vorschlag mit der Datenschutz"schleuße" (der kleine, vorhandene, jedoch ungenutzte Raum zu diskreten Grundabfrage für den Besuch bei der Polizei im früheren "Empfang" des Polizeireviers) werde ich keine Provision beantragen.
;-)